Nach dem Gesetz ist die Antwort einfach: Nein, ein gewählter Bürgermeister muss keine Mehrheit der Gemeinderäte hinter sich haben! Er benötigt weder eine Fraktion noch einzelne Mitglieder des Gremiums als bekennende persönliche Unterstützer, weil seine Position durch die Bürgerinnen und Bürger selbst unmittelbar und direkt gewählt wird.
Trotzdem ist der Bürgermeister als Vorsitzender des Gemeinderats selbstverständlich auf kooperative Zusammenarbeit angewiesen, soweit es sich nicht um Angelegenheiten der allgemeinen Verwaltung oder übertragene Zuständigkeiten handelt. Insofern hat der Gesetzgeber bewusst ein System der Gegenseitigkeit geschaffen, in dem man aufeinander zugehen muss – unabhängig von den jeweiligen politischen oder persönlichen Präferenzen.
Ein Bürgermeister, der keine feste Ratsmehrheit durch ihn tragende Fraktionen hat, muss themenbezogen, pragmatisch und im stetigen persönlichen Kontakt arbeiten. Die nötigen Stimmen sind dann flexibel zu organisieren, was der Bürgerbeteiligung und damit letztlich der örtlichen Demokratie durchaus dienlich sein kann. Wenn mehr Menschen zu überzeugen sind, wird oft auch intensiver nach den richtigen Lösungen gesucht.
Viel bedenklicher ist es m.E., wenn die Wahl eines neuen Rathauschefs einer Fraktion im Gemeinderat dazu verhilft, die absolute Stimmenmehrheit faktisch zu erlangen. Ein solcher Fall tritt ein, wenn ein neuer Bürgermeister, der kraft Amtes ebenfalls im Gemeinderat stimmberechtigt ist, einer Partei oder Wählervereinigung angehört, die bisher nur eine Stimme von dieser Schwelle entfernt war. In einer solchen Konstellation könnten selbst wichtige Entscheidungen bereits bei Fraktionssitzungen der Mehrheitsfraktion weitestgehend „festgezurrt“ werden, was die Motivation zur Erarbeitung eines Konsens, der auf breiter Basis mitgetragen wird, oft verringert und damit Spannungspotenzial für die Gremienarbeit in sich trägt.