Bei der Nominierungskonferenz der SPD Neckar-Odenwald am 29.08.2020 in der Alten Mälzerei Mosbach bewarb ich mich um die Kandidatur der Partei bei den Landtagswahlen 2021. Dabei habe ich meine Vorstellungen für eine neue Sozialdemokratie dargelegt, die wieder mehr Menschen erreichen könnte. Leider wurde der von mir aufgezeigte Weg der Erneuerung mit sehr deutlicher Mehrheit von 17:77 Stimmen abgelehnt. Die Inhalte, für die ich unter dem Slogan „Mut zur Veränderung!“ antrat, sind dem nachfolgend veröffentlichten Redemanuskript zu entnehmen. Allen, die mich unterstützt haben, bin ich dafür sehr dankbar.
Derzeit möchte ich mich nicht detaillierter über die Begleiterscheinungen und Hintergründe dieser parteiinternen „Vorwahlen“ äußern. Mehrere Parteimitglieder, die mir ihre Unterstützung im Vorfeld zusagten, sind der Abstimmung ferngeblieben. Die Rückmeldungen aus den Vorwahldebatten im Landkreis deuteten ebenfalls auf eine völlig andere Entwicklung des Rennens hin. Damit ist weitaus schwerer umzugehen als mit der Niederlage an sich.
Mit der kritischen Berichterstattung von NOKZEIT habe ich nichts zu tun. Kontakt dorthin besteht schon seit Jahren nicht mehr. Und auch von den in meiner Kampagne engagierten Personen wurden mir gegenüber Konsultationen mit dem Autor des betreffenden Artikels unisono verneint. Dennoch decken sich die enthaltenen Aussagen (Stand Fassung der Erstveröffentlichung) weitgehend mit Informationen, die mir schon weit vor der Nominierungskonferenz aus mehreren Quellen zugetragen wurden. Der Artikel von NOKZEIT ist auf deren Seiten abrufbar: https://www.nokzeit.de/2020/08/30/schlegel-wird-vorsitzende-und-kandidatin/ (externer Link!)
Die Rede von Frank Heuß zur Bewerbung um die Landtagskandidatur der SPD im Wahlkreis Neckar-Odenwald
Das gesprochene Wort kann gelegentlich leicht vom Manuskript abgewichen sein.
Liebe Genossinnen und Genossen!
Es ist schon etwas Besonderes, heute hier in der Alten Mälzerei, der Stadthalle meiner schönen Heimatstadt Mosbach, vor euch zu stehen. Es ist fast 21 Jahre her, als der „Schüler Frank Heuß“ sein rotes Parteibuch überreicht bekam. Der Wahlerfolg Gerhard Schröders von 1998 war quasi die Initialzündung. Da nahm ich mir vor, in die Partei einzutreten, sobald ich den Realschulabschluss haben würde und aufs Wirtschaftsgymnasium wechsle.
Im Jahr darauf saß ich in einer mündlichen Prüfung im Fach Gemeinschaftskunde und natürlich hatten den Prüfungsvorsitz ein Lehrer von einer anderen Schule, den ich noch nie gesehen hatte. Er fragte in ziemlich straffem Stil erstaunlich viel über die Sozialdemokratie und ich konnte ihm einiges, über den Lernstoff hinaus, zur Programmatik der Partei sagen. Am Ende bescheinigte er mir, „einen kompetenten Eindruck“ gemacht zu haben und ich bekam die Note, die ich wollte.
Wenig später war ich als Neumitglied auf einem Neujahrsempfang der SPD Neckar-Odenwald. Plötzlich stand ein Mann vor mir, der fragte „kennen Sie mich noch?“. Natürlich erkannte ich ihn. Es war eben dieser Prüfungsvorsitzende und ihr ahnt es vielleicht schon: Dieser Mann war Georg Nelius, um dessen Nachfolge ich mich heute hier bei euch bewerbe.
Diese Prüfung war somit nicht nur wegen dem Erfolg ein Glücksfall für mich, sondern weil ich dadurch heute sagen kann, dass ich auch einer seiner Schüler gewesen bin. Und das ohne auch nur eine einzige Unterrichtsstunde bei ihm gehabt zu haben!
Solche Geschichten gehören zu dem, was unsere Partei ausmacht!
In der SPD-Stadtratsfraktion Mosbach lerne ich auch heute noch von ihm, selbst wenn wir ganz unterschiedliche Charaktere sind. Man muss gar nicht immer einer Meinung sein, wenn einem doch verbindet, immer alles zu tun, was man kann, um das Beste für die Menschen zu herauszuholen, für die wir Politik machen!
Ja, es sind große Fußstapfen, um die es hier geht. 1:1-Ersatz wird niemand aus dem Stand heraus sein können. Es geht viel mehr um die Frage, wie wir die Zukunft angehen wollen. Welche Persönlichkeit mit welchen Eigenschaften und Positionen wir dafür wollen. Die Zeiten haben sich verändert!
Landtagswahlen sind keine echten Persönlichkeitswahlen, sondern viel mehr Parteiwahlen. Man hat nur eine einzige Stimme. Die Entscheidung über Inhalte und mittelbar über den Ministerpräsidenten geht dabei in der Regel der Person des Wahlkreiskandidaten vor. So hat selbst Georg Nelius vor fünf Jahren etwa hier in Mosbach weniger Stimmen geholt als die Bewerberin der Grünen, obwohl er weitaus bekannter und auch populärer ist.
Einiges kommt auf die Person des Spitzenkandidaten der Landes-SPD an. Und da werden wir mit Andreas Stoch, den ich aus meiner Zeit im Landesvorstand der AG sozialdemokratischer Juristen als bodenständigen Sachpolitiker kenne, sicherlich sehr vorzeigbar aufgestellt sein.
Es gilt bindend das Wahlprogramm, das die SPD Baden-Württemberg bei ihrem Landesparteitag beschließt. Als Kandidat kann man lediglich darauf aufbauend Akzentuierungen setzen, um Wählerinnen und Wähler zu überzeugen, die zwischen zwei Parteien schwanken.
Unsere Kernwählerschaft sind die „einfachen“ Leute, die mitten im Leben stehen. Die sich mit viel Arbeit und Engagement etwas aufbauen. Da wäre es von Vorteil, wenn mal jemand in dieses Amt kommen würde, der selbst mittleren Lebensalters ist. Jemand, der glaubwürdig für einen neuen Aufbruch steht und sich mit dem Mandat noch weiter entwickeln kann.
Einer, der hier geboren und aufgewachsen ist. Der alle Nachwuchsabteilung dieser Partei durchlaufen hat und über seinen Beruf mit vielen ganz unterschiedlichen Menschen der Region vernetzt ist.
Eine Person, die nach der Abgeordnetenzeit nicht direkt in Rente geht, sondern weitere berufliche wie politische Perspektiven hat.
Es gibt so viele Herausforderung unserer Zeit, die sozialdemokratische Antworten wirklich dringend bräuchten. Und ich füge hinzu, es müssten hier und da „neue“ Antworten sein, wo die bisherigen Rezepte nicht mehr greifen! Wo sich Gegebenheiten verändert haben, muss die Sozialdemokratie reagieren und ihrerseits Anpassungen an die Realität vornehmen.
Die Lohnentwicklung war in den vergangenen Jahren, vor allem im Industriebereich, sehr gut. Soziale Ungerechtigkeit gibt es aber weiterhin bis tief in die Gesellschaft hinein.
Existenzielle Not beginnt heute nicht selten bei Mieten, die mitunter die Hälfte des Einkommens eines durchschnittlichen Rentners verschlingen. Baukosten von um die 3.000 Euro pro Quadratmeter verhindern sozialen Wohnungsbau in den Kommunen, die man damit alleine lässt – gerade im ländlichen Raum.
Und eben hier wird die Daseinsvorsorge besonders gerne zusammengekürzt. Die Privatisierung öffentlicher Einrichtungen greift um sich und führt in aller Regel zum Abbau von Leistungsumfang und Arbeitsplätzen. Eben davor müssen wir vor allem unsere NOK-Kliniken unbedingt schützen, denn wir brauchen sie LEBENSNOTWENDIG, an beiden Standorten, in Mosbach wie Buchen!
Es ist aber nicht nur die klassische Sozialpolitik, die unsere Wählerschaft umtreibt. Sorgen um die Sicherheit spielen eine immer größere Rolle. Gerne dünnt man die Polizei im ländlichen Raum aus, weil da ja vermeintlich weniger passiert. Kriminalität ist aber heute eben auch mobiler als früher.
Es gilt hier wie da: Wir auf dem Land sind nicht weniger Wert als Großstadtbevölkerung, auch nicht unsere Kommunen bei der Verteilung von Finanzmitteln. Das muss man vor allem den Grünen immer wieder sagen, denn die vergessen es gerne!
Umweltschutz ist fraglos eine Notwendigkeit, wir spüren den Klimawandel Jahr für Jahr deutlicher. Man erreicht diesen allerdings nicht durch Demonstration, sondern durch Innovation! Der Denkansatz muss bei dieser Frage immer global sein und auf Nachhaltigkeit zielen!
Was nützt es, wenn wir alle mit Elektroautos herumfahren, deren Akkus aber irgendwo in Asien oder Afrika produziert werden und eine schlechte Ökobilanz haben als sparsame Benziner, die hier bei uns gebaut werden? Das kann doch nicht wirklich Sinn und Zweck der Sache sein!
Ja, der ökologische Wandel kommt! Aber wir müssen ihn sozial verträglich gestalten – das heißt, nicht zuletzt die transnationalen Konzerne, die am meisten Schaden verursachen, haben dafür zu bezahlen!
Aufgabe einer neuen Sozialdemokratie ist es, aus verschiedenen Strömungen das Beste zusammenzubringen! Warum sollte es nicht möglich sein „links“ für mehr sozialen Wohlfahrtsstaat und gleichzeitig, in Anführungszeichen „rechts“ für mehr innere Sicherheit zu sein?
Unsere dänische Schwesterpartei macht uns mit Ergebnissen von über 25% und Regierungsführung vor, dass es sehr wohl geht! Klar, auch dort ist nicht alles perfekt und vieles nicht 1:1 auf unser Gepräge zu übertragen. Trotzdem sind die Dänen bei so manchem weitaus fortschrittlicher als wir.
Kindergärten sind dort von 6.30 bis 17 Uhr geöffnet und ermöglichen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Finanziert wird es aus Steuern und Abgaben. Warum sollte das bei uns nicht auch möglich sein?
Die Kinder lernen in der Schule zehn Jahre zusammen. Man setzt auf kleine Gruppen und wendet bis hin zu den Hochschulen viel Geld für das Bildungssystem auf. Ähnlich, wie es die DHBW in Mosbach auch tut, allerdings mit privatwirtschaftlichen Geldern, um diesen Qualitätsstandard erreichen zu können.
Es gibt eine Ausbildungspflicht in Dänemark, aber eben auch garantierte Ausbildungsplätze für junge Menschen. Die Steuern sind hoch, aber die Leute akzeptieren es, weil sie wissen, dass sie dafür auch Leistung und wohlfahrtsstaatliche Absicherung bekommen, sollten sie einmal in Not geraten.
Ja, ich meine, davon können wir etwas lernen!
Genossinnen und Genossen, nur wenn wir JETZT die richtigen Signale setzen, können wir glaubwürdig als Kraft der Erneuerung in diesen Landtagswahlkampf ziehen!
Habt heute mit meiner Nominierung diesen
MUT ZUR VERÄNDERUNG!
Herzlichen Dank für‘s geduldige Zuhören!