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„Bauen um jeden Preis?“

Wohnraum wird dringend gebraucht, besonders für Menschen mit mittleren und niedrigeren Einkommen. Aufgabe der kommunalen Bauplanung ist es, vorhandene Entwicklungsflächen rechtzeitig so zu steuern, dass bezahlbare und trotzdem attraktive Quartiere entstehen. Das bedeutet aber nicht, "um jeden Preis" zu bauen, sondern die Findung langfristig tragfähiger Lösungen.

Frank Heuß vor offener Fläche am Münchberg in Obrigheim.
Bei einem Rundgang am Areal Münchberg in Obrigheim. Foto: frh

>> Ein Video-Kommentar zum Areal Münchberg ist auf YouTube abrufbar unter folgendem Link: https://youtube.com/shorts/6-tz7NGERkY?feature=share <<

Der wirksamste Weg dafür ist eine aktive Bodenpolitik: Die Gemeinde erwirbt selbst, wo immer es möglich ist, vorhandene Schlüsselgrundstücke und behält damit das Heft des Handelns in der eigenen Hand. Die Vergabe erfolgt dann nach Konzept, statt zu viel an den Wünschen privatwirtschaftlicher Investoren auszurichten, die oft von auswärts kommen und primär Kapitalinteressen verfolgen. So können insbesondere gemeinwohlorientierte Bauträger gezielt eingebunden werden, um bezahlbare Mieten, soziale Durchmischung und verlässliche Standards zu gewährleisten.

Planungshoheit bedeutet, dass das Gemeinwohl den Vorrang hat. Bebauungspläne müssen – gerade vor dem Hintergrund des Klimawandels und immer häufigeren Hitzewellen – Durchlüftung und Thermik berücksichtigen, Kaltluftbahnen sichern, Grün- und Freiflächen vorsehen und eine aufgelockerte, maßvolle Dichte festlegen. Schwammstadt-Prinzipien, Retentions- und Versickerungsflächen sowie kluge Mobilitäts- und Nahversorgungskonzepte gehören ebenso dazu wie energetische und bauliche Qualität.

Die Folgen für bestehende Wohngebiete sind sorgfältig abzuwägen: Verkehrsströme, Lärm, soziale Infrastruktur, Entwässerungsrisiken und vieles andere mehr sind zu berücksichtigen. Abstände, Grünzüge und eine aufgelockerte Bauweise erhalten Wohnqualität und schützen Werte – nicht selten sind Bestandsimmobilien für ihre Eigentümer auch ein wesentlicher Teil der Altersvorsorge.

Es ist niemanden geholfen, wenn grüne Reserveflächen möglichst schnell „zugeklotzt“ sind, dafür aber das Zusammenleben in der Ortsgemeinschaft auf längere Sicht leidet. Schon vorher muss gesichert sein, dass genug Kita-Plätze vorgehalten werden können, für die es einen Rechtsanspruch gibt. Und natürlich braucht auch die örtliche Grundschule rechtzeitig die nötigen Kapazitäten, um dafür sorgen zu können, dass die sich erhöhende Zahl der Kinder unter darstellbaren Bedingungen unterrichtet werden kann.

Die Leitlinie sollte lauten: Ja zum Bauen – aber gemeinwohlorientiert, nachhaltig und mit Blick auf das Ganze. Wohnraum schaffen, Umweltbelange achten, Durchlüftung sichern, Risiken mindern und Lasten fair verteilen. So kann bezahlbarer Wohnraum entstehen, ohne die Qualität der vorhandenen Quartiere aufs Spiel zu setzen.

Vor allem aber ist es wichtig, große Wohnraumprojekte von Anfang an offen, klar und transparent zu kommunizieren. Tut eine Gemeinde das nicht, kann schnell der Eindruck entstehen, dass im Hintergrund bereits vollendete und vermeintlich alternativlose Tatsachen geschaffen wurden.