Springe zum Inhalt

Warum Bürgermeister nicht dem Kreistag angehören sollten

Mittlerweile gilt es fast schon als selbstverständlich, dass Rathauschefs einer Gemeinde auch ein Mandat im Kreistag des jeweiligen Landkreises halten. Originär ist dieses kommunalpolitische Gremium aber als repräsentative Interessenvertretung der Bevölkerung gedacht, nicht als erweiterte Bürgermeisterrunde.

Wenn das Gremium überwiegend aus Wahlbeamten besteht, entfernt es sich vom eigentlichen Zweck: Den Querschnitt der Bevölkerung in seiner Vielfalt abzubilden. Kandidieren Bürgermeister für den Kreistag, werden sie durch ihre ständige öffentliche Präsenz fast immer gewählt und verdrängen häufig langjährige Mandatsträger, die dieses Ehrenamt über Jahrzehnte erfolgreich ausgeführt haben. In der Folge verschiebt sich die Wertschätzung zulasten des Ehrenamts und entkoppelt sich oft auch von den eigentlichen politisch-inhaltlichen Mehrheiten.

Gleichzeitig schwächt sich die unabhängige Perspektive im Gremium selbst. Obendrein wählt der Kreistag auch den Landrat und damit den Leiter der Rechtsaufsicht der Gemeinden – die Bürgermeister bestimmen dadurch faktisch selbst darüber mit, wer sie beaufsichtigt.

Ein ordentlich geführtes Bürgermeisteramt ist (mehr als) eine Vollzeitaufgabe, die kaum Freizeit für ein so aufwendiges Nebenamt wie ein Kreistagsmandat lässt, wenn man es angemessen ausführen will. Faktisch wird es dadurch zum integrierten Teil der Berufstätigkeit. Eben diese Zeit und Aufmerksamkeit geht vor Ort in der Gemeinde verloren, wo sie eigentlich hingehört. Gute Kommunalpolitik lebt davon, Verantwortung zu teilen – sie sollte gerade nicht bei einigen wenigen Hauptamtlichen gebündelt werden.

Als ich noch Mitglied der SPD war und zu Jugendzeiten deren Nachwuchsorganisation „Jusos“ angehörte, wurde mal ein Beschluss gefasst, nach dem Kandidaturen von Gemeindeoberhäuptern zum Kreistag gesetzlich ausgeschlossen werden sollten. Ironischerweise sind eine ganze Reihe derer, die damals landesweit dafür stimmten, heute selbst Bürgermeister und sitzen ebenfalls quasi „nebenbei“ in Kreistagen.

Freilich ist das legitim, zumal die Forderung ja nie Gesetz wurde. Persönlich halte ich das Ansinnen des Beschlusses von damals, der bei den Jusos Neckar-Odenwald bzw. in Baden-Württemberg gefasst wurde, aber auch weiterhin für richtig. Die eben beschriebenen Gründe treffen heute mindestens genauso zu.